Ein Tag in Florenz - was kann man tun als Witwe

Florenz

von | Sep 29, 2019

Heute habe ich den ganzen Tag für mich in Florenz. Ich werde Kirchen, den Dom und diverse Museen erkunden. So denke ich mir das zumindest am Morgen. Aber seht selbst:

Das Frühstück

Der Frühstücksraum ist klein und hell und sehr freundlich eingerichtet. Dieses Hotel hier in Florenz setzt bisher der ganzen Reise die Krone auf, so liebevoll, wie es eingerichtet ist. Die Gastgeber sind auch absolute Herzen. Diesmal muss ich mir jedoch den Kaffee selbst machen.

Hierfür gibt es so eine unsägliche Kapselmaschine. Ich hasse diese Dinger. Diese Kapseln sind der absolute Nonsens. Für ein zigfaches des Preises des Kaffees wird dieser in Alu- oder Plastikkapseln gepresst. Von dem Müll will ich gar nicht sprechen.

Aber heute Morgen muss ich mich damit auseinandersetzen und scheitere kurz. Aber die liebe Hausherrin hilft mir und wir müssen beide lachen. Sie entschuldigt sich für die Geräte, aber es geht halt nicht anders in so einer Unterkunft. Eine Espressomaschine ist einfach zu teuer und jemand müsste sie die ganze Zeit bedienen. Dieser Kaffee schmeckt wenigstens und den Italienern ist der Kaffee heilig. Wenn alles scheiße ist, muss wenigstens der Kaffee gut sein.

Neue Bekanntschaft

Irgendwann kommt ein junger Mann dazu, dunkelhaarig, schüchtern und erinnert mich an meinen Bruder. Sofort springt die Gastgeberin aus der Küche und drückt ihn und erklärt mir, dass das ihr Gast der letzten 4 Wochen war und er heute leider Florenz verlassen muss, da er hier auf einem Kongress war. Ich finde die Szene total rührend, genau so hätte sich meine Mama um einen Gast gekümmert. Ich hole mir gleich noch einen Kaffee um etwas Zeit heraus zu schinden, denn ich bin jetzt neugierig auf den jungen Mann geworden.

Unverblümt frage ich ihn daher, auf welchem Kongress er war. Und außerdem ist er nicht der Typ Mann ist, der alles sofort herausposaunt und nur von sich redet, sondern eher schüchtern und zurückhaltend daherkommt. Er sagt leicht entschuldigend, dass er auf einem Kongress für Physiker war. Ich frage, wo er denn herkommen würde. Aus Mumbai. Er sieht überhaupt nicht indisch aus, sein englisch ist auch sehr amerikanisch. Ich gerate sofort über Indien ins Schwärmen und da geht sein Herz auf. Er fragt, ob ich schon in Mumbai war, ich verneine. Ich sage, dass ich vor der Stadt Respekt habe, da sie ein Moloch ist. Ein Wort ergibt das andere, er lädt mich nach Mumbai ein und so tauschen wir die eMail-Adressen aus.

Dann gehe ich wieder in mein Zimmer, denn er hat sicher Zeitstress am Tag seiner Abreise und ich muss meinen gestrigen Blogeintrag zu Ende schreiben. Vor meinem Fenster bekomme ich noch die Verabschiedungszeremonie unserer Gastgeber mit. Das ist sehr herzlich, das gefällt mir sehr.

Irgendwann bin ich mit dem Blog fertig, das dauert heute irgendwie extra lange, und ziehe mich für die Stadt um. Heute geht es noch mal nach

Florenz

Nachdem ich mir gestern die Füße wund gelaufen habe, habe ich heute das Schuhwerk gewechselt. Doc Martens sind hier gerade hip, und ich habe meine dabei. Welch Zufall. Schwarzer Rock, schwarzes T-Shirt. Läuft.

Es ist zwar erst 10:00 Uhr, aber Florenz ist schon voll. Voll von Menschen. Überall sind Touristen. Und es ist warm, 26 Grad. Ich komme zu meiner ersten Kirche. Sie wollen 10 EUR Eintritt. Geht das jetzt so weiter? 10 EUR im Minutentakt ausgeben? Nein, das sehe ich nicht ein. Ich habe kein Bezug zu Kirchen, also spare ich mir das Geld und kaufe mir lieber ein Wasser im Supermarkt.

Ein weiterer Dom, 10 EUR. Nein Danke. Überall sind Marktstände aufgebaut und überall verkaufen sie Handtaschen, in der ganzen Stadt. Die selben Inder, wie im Don Xuan Center in Berlin Lichtenberg, sind hier am Taschen verkaufen.

Ich suche meine persönliche Kirche für meine ganz persönliche Religion, das Essen, auf. Und zwar den

Mercato di San Lorenzo

Steffen hat immer gesagt

„Speck ist meine Hostie“

Haha, auweia.

Zurück zum Mercato di San Lorenzo: dies ist ein klassischer Markt, wie man ihn überall im Mittelmeerraum findet und es ist genau das, was ich am Mittelmeerraum so liebe. Diese Märkte mit all der Auswahl aus der Region liebevoll angerichtet. Unten gibt es frisches Gemüse, Fleisch und Fisch und in der oberen Etage kann man dann das Ganze dann frisch zubereitet essen.

Hier gibt es sogar eine Medici-Kochschule. Der heutige Kurs ist: „Pasta selbst machen“ und kostet 68 EUR. Hmmm. Nein, das mache ich wohl heute nicht. Ich bekomme etwas Hunger und irre ob der schieren Auswahl mal wieder hilflos herum. Also kaufe ich mir etwas frittiertes Gemüse. Steffen hätte gesagt: „Fritti Fratta“

Neben mir sitzen mal wieder die unvermeidlichen Deutschen am Paulaner-Stand und jammern über ihre Befindlichkeiten und was sie alles in ihrem Leben und im Urlaub nicht akzeptieren könnten. Ich verbeiße mir meine deutsche Sprache ohne weiteres. Augenverdreh… Es ist immer dasselbe Lied. Hypothesen über das, was man alles nicht tun würde. Ich denke mir leise: Ihr wisst einfach nichts…

 

Mittagessen

Weiter gehts durch die Gassen. Ich sehe in der Ferne schon den berühmten Dom von Florenz und du jetzt auch auf diesem Bild. Aber so richtig satt bin ich im Markt noch nicht geworden und es ist auch schon wieder 12:00 Uhr – Mittag!

Also schnappe ich mir hier ein preisgünstiges Pastagericht für 6,50  EUR mit Wein. Der Laden wird von Vietnamesen geführt, die kochen aber mindestens genauso gut wie die Italiener. Sie werden aber, da sie nicht italienisch aussehen, von der touristischen Laufkundschaft gemieden. Also kann ich hier in Ruhe preiswert und gut essen.

Bonaugo
Via dei Servi, 60r, 50122 Firenze FI, Italien

Dom von Florenz

Nach dem Essen treibt es mich weiter zum Dom von Florenz. Er ist wahrlich riesig. Und sofort ist da ein unglaubliches Menschengetümmel. Ich feiere gerade mein neues Handy etwas ab, da es so eine unglaubliche Panoramafoto-Option hat, so dass man die größten Gebäude mit einem Klick abbilden kann und das sogar quer. Daher muss ich mich also nicht verbiegen und mit einem Selfiestick dummtun.

Ich schau gar nicht nach dem Eintritt für den Dom, denn ich sehe schon die Schlange, die sich um den ganzen Dom herumwindet.

Ich halte noch mal kurz fest: in Bologna war jede Kirche kostenlos. Natürlich ist es nicht „die“ Kirche, aber ihr versteht das Prinzip. In Florenz kannst Du gar nicht so schnell gucken, wie die Kohle weg ist.

Florenz ist überteuert und sehr touristisch

Mich zieht es vom Dom weiter zum Palazzo der Medici. Auch der kostet ordentlich Eintritt mit 10 EUR, natürlich. Nein danke. Mir reicht es langsam.

Ich belese mich kurz im Internet für welches Museum ich mich am besten entscheiden werde. Man empfiehlt den Palazzo Pitti, der ist größer und hier ist mehr fürs Geld zu sehen. Also investiere ich meine Kohle lieber schlau.

Eine DaVinci-Ausstellung unterwegs ist auch nur Nepp und Bauernfängerei. Viel Geld für eine Powerpoint-Präsentation. Nein danke.

Für das gesparte Geld kaufe ich mir aber lieber ein Kleid. Gnihihi. Da habe ich länger was davon. Und ich kann sagen, ich habe ein Kleid aus Florenz…. Haha. Von Zara. Haha.

Daneben ist eine Kirche, die erste Kirche, was sage ich, das erste irgendwas in Florenz, das kostenlos ist. Ich mag es kaum fassen. 

Draußen werden derer Menschen immer mehr. Aus allen Gassen quillt es. Chinesen, Italiener, Deutsche, Russen. Es ist ein Wahnsinn. Ich möchte hier nicht im Hochsommer sein.

Palazzo Pitti

Mich treibt es nun final zum Palazzo Pitti, die Füße schmerzen schon etwas, ich glaube, ich bekomme eine Blase oder eine Marschfraktur von den Doc Martens. 13 km wird heute der Fitnesszeiger meines Handys sagen und 18.000 Schritte. Ja, das ist ja gar nichts, ich weiß.    

Palazzo Pitti
Piazza de‘ Pitti, 1, 50125 Firenze FI, Italien

Hier gibt es für den Preis von 16,00 EUR den Eintritt für 3 Museen. Das finde ich für Florenz angemessen. Es gibt ein Museum mit Kostümen, eine Schatzkammer und die ehemaligen Wohnräume der Medicis mit Gemälden.

Aber erstmal ziehe ich mich auf dem Museumsklo um, ich will jetzt unbedingt dieses neue Kleid anziehen. Auch wieder so ein Moment der vielen ersten Male in diesem Jahr. Das habe ich auch noch nie gemacht. Und ich fühle mich gleich viel wohler und das Schöne ist: keinen interessiert es. Das ist richtig großartig. Du kannst alles machen, was du willst, denn keiner kennt dich und keiner wertet dich. Und wenn doch, wirst du nie erfahren, dass du gewertet wurdest, weil ja keiner mit dir redet.

Und ab ins erste Museum:

Museum der Kostüme

Bei Google waren für dieses Museum vorab alte Kleider aus dem 15. Jhd. abgebildet. Ich hatte mich etwas darauf gefreut. Ich mag ja das ganze Geraffel schon ganz schön. Aber Pusteblume. Herrenanzüge von Designern, von 1920 bis jetzt. Ja, alles war vom Laufsteg und so. Aber Herrenanzüge? Naja, nicht ganz so meins.

Etwas war interessant: man hatte die Särge der Medici geöffnet und deren Kleider von den Leichen geborgen und restauriert und hier ausgestellt. Das waren leider auch die einzigen alten Kleidungsstücke, die zu bestaunen waren.

Weiter geht es in die

Gemäldegalerie

Es beginnt wieder mit Bildern aus den 15. Jhd., natürlich gibt es nur Szenen aus der Bibel, etwas anderes wurde ja nicht gemalt, da die Maler nur dafür bezahlt wurden. Das ist sicher interessant, wenn man mit der Bibel vertraut ist, die makabren Dinge habe ich natürlich wieder für Euch und für mich herausgesucht.

Judith und Holofernes – mein Lieblingsthema

Der Lieblingszwerg vom König. Nackt. Auf der Rückseite sieht man die Rückseite des Zwerges. Nackt

Und dann, welch Freude, die Bilder werden jünger. Es gibt hier viele Gemälde von 1850 bis 1920, also in der Tat mein Lieblingszeitraum für Gemälde. Ich kann mich kaum sattsehen und bin froh, dieses Museum gewählt zu haben.

In den privaten Räumen des Palazzo Pitti

Diese sind wie alle Räume in Schlössern eine Abfolge von Räumen, die durch einen Gang wie einer Perlenschnur verbunden sind. Noch mehr Bilder, noch mehr Prunk und Einrichtungsvorschläge für Menschen mit sehr viel Geld.

Schatzkammer

Auch hier wieder viel Prunk und Dinge. Aber zuerst muss man durch Bronzeskulpturen durch. An der Wand sind Skizzen, wie die Skulpturen entworfen wurden. Mit Tinte wurden Bleistiftzeichnungen nachgezeichnet. Ich möchte mir davon ein Foto machen. Sofort springt die Museumsdame wie eine Spinne aus ihrem Wachnetz und verbietet dies (alles andere durfte man übrigens fotografieren…). Leicht schmollend gehe ich weiter.

Da knallt es hinter mir. Eine Erklärungstafel ist einfach heruntergefallen. Niemand sonst ist im Raum. Ich sehe Steffen richtig vor mir, wie er die Tafel aus Wut heruntergestupst hat und muss sehr lachen. Ich sage, danke Steffen, richtig so! Steffen ist also dabei. Natürlich. Große Freude. Ich grinse blöde.

Figuren ganz aus Muscheln in der Schatzkammer

Luzifer wird von St. Michael in die Hölle gestoßen

Ich stapfe langsam nach Hause, ich habe ja noch diesen ellenlangen Berg oberhalb von Florenz vor mir. Genau, Florenz liegt nämlich im Tal. In einem Supermercado kaufe ich mir mein Essen, ich habe kein Bock, noch mehr Geld auszugeben: Salat und Sandwich und ein paar Nougatkekse. Das passt für mich für heute. Die Stadt ist schlicht zu teuer.

In den Straßen werden gerade Stände für ein Straßenfest aufgebaut. Wäre ich fit, könnte ich heute Abend da hin gehen. Aber für heute reichts.

An einem Stand gibt es Schweinescheiben. Ja genau, von einem gebackenen Schwein werden quer Scheiben abgeschnitten und aufs Brot gelegt und verkauft. Steffen hätte das probiert. Das ist mir persönlich jetzt aber zu hart.

Steffen hätte ich es kaufen müssen. Komische Zeiten.

Villa il Leone

Nach einem schier endlosen Marsch komme ich endlich wieder zuhause im Hotel an. Der Hausherr sitzt draußen. Ich frage, ob ich meinen Rotwein aus dem Auto hier trinken könne und er ein Weinglas für mich hat. Er ist natürlich eingeladen und er bringt sofort zwei Gläser und Erdnüsse. So sitzen wir und quatschen, bis es dunkel wird. Wir quatschen über die Medici, die Renaissance, Unternehmen, Steuern, Finanzamt, das Essen, den Kaffee, die Mode, die Politik, die Zukunft, Wein.

Es ist wunderbar. Man trifft hier ständig auf Leute mit Ideen und Visionen. Leute, die für ihre Sache brennen und sich ständig den Situationen anpassen müssen und daher offen für Neues sind.

Es sind bisher auch immer nur Männer, mit denen ich mich unterhalte. Und mit meiner Aussage, dass ich ein Unternehmen in Berlin geführt habe, bin ich immer mit im Team. Wir unterhalten uns auf Augenhöhe. Das tut so gut.

Später im Bett schaue ich mir noch ein paar Dokus über die Medici an und falle bald in einen tiefen Schlaf.

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