Zwei Frauen allein in Georgien - Georgien Kurztrip: Kutaisi & Tiflis – Solo-Abenteuer, Wein & Wow

Kurztrip nach Georgien

von | Juni 22, 2025

Dies ist mein 6-Tage-Reisebericht zu einer spontanen Reise nach Georgien, genauer: Kutaisi und Tiflis. Komm mit auf eine Zeitreise nach Georgien mit zwei Freundinnen und ordentlich mit Naturwein, Lost-Place-Charme und ganz vielen praktischen Tipps & Humor für Solo-Frauen, Witwen und Alleinreisende.

(Lesezeit ca. 14 Minuten – schnapp dir also einen Kaffee oder besser noch ein Glas georgischen Weißwein.)

Warum sollte man überhaupt nach Georgien als Frau alleine reisen?

Ich lebe zwar dort, wo andere Urlaub machen, nämlich auf Zypern, denn ich habe schließlich dasMeer vor der Haustür und doch juckte mich die Reiselust. WizzAir spuckte günstige Flüge in ein Land aus, in dem Wein seit 8 000 Jahren in Tongefäßen reift. Deal!

Georgien war für mich bisher ein weißer Fleck auf der inneren Landkarte – ein Mix aus Sowjet-Remmidemmi, kaukasischer Gastfreundschaft und Straßenküche, die angeblich jede Diät pulverisiert – genau mein Ding als Viertelrussin. Ich kannte die schwärmerischen Geschichten meiner Großeltern und wusste, dass es hier das leckerste Essen der ehemaligen UdSSR gab.

Und obendrein ist es wichtig, regelmäßig aus seiner Komfortzone zu gehen, weil man sonst ängstlich und bequem wird. Und das ist der Killer für jede Trauerarbeit. Also let´s go:

Reisevorbereitung – Apps, Gepäck & innere Checkliste

Natürlich reise ich wieder mit Handgepäck⁠, denn das bedeutet: Schneller aus dem Flugzeug, schneller am Ziel, denn ich langweile mich ungern an Kofferbändern. Im Köfferchen sind drei T-Shirts, ein warmes Tuch, eine warme Regenjacke, zwei Kleider und meine Kosmetik. Und klar: Laptop, Ladekabel und Kopfhörer – fertig.

Mentale Checkliste: 

  • Offenheit für morbiden Charme und Zeitreisemomente
  • Hunger auf Kohlenhydrate, zerlaufenden Käse und (sorry) Fleisch
  • Null Angst vorm Alleinsein
Alles was du für einen Kurztrip nach Georgien brauchst

Ankunft in Kutaisi: Inklusive super SIM-Hack, großem Weincrush und Basar-Flash

11 Uhr – Touchdown mit Rauchwolke

Der Kutaisi International Airport glänzt wie frisch aus dem Apple-Store gefallen. Nagelneu, hell und leicht. Man läuft vom Flugzeug durch die Passkontrolle und dann raus aus der Sicherheitszone. Doch stopp, erstmal einen Rechtsschwenk zu den Simkarten-Verkäufern machen. Ich suche nach dem roten *Magti Logo und kaufe mir eine SIM-Karte für 15 GEL (≈ 7 €) für 10 GB. Kann man direkt mit der Kreditkarte bezahlen und nur fünf Minuten später steckt die Sim-Karte in meinem Handy und ich habe Internet und Freiheit, weil

ich diese Freiheit gleich brauche: Die Freiheit zu wählen. Denn kaum tritt man aus dem Flughafen empfängt einen eine riesige Nikotinwolke, weil wirklich alle Taxifahrer rauchen. Hui. Und alle wollen dich mitnehmen. Doch ich weiß, dass Taxifahrer Schlitzohren sind und das Gute an der neuen Internet-Welt ist, dass man nicht mehr so leicht übers Ohr gehauen werden kann. denn es gibt dank neuer Simkarte gleich den besten Preisvergleich:

Dana landet in Kutaisi für ihren Kurztrip in Georgien mit WizzAir

Bolt vs. Schmierlurch

Ein beleibter Herr mit Goldzahn ruft „Taxi, Lady, Taxi to Kutaissi.“
Ich: „How much?“
Er tippt eine 50 in sein Handy auf seiner Rechenapp ein und hält mir das Handy hin. Doch ich habe bereits Bolt gecheckt und weiß, dass der Preis nur 25 Lari beträgt. Ich tippe diese Zahl ein.
Beleidigt gibt er Fersengeld.
Tschüssikowski Schmierlurch. Und keine fünf Minuten später sitze ich im Toyota Prius eines jungen Mannes, der mich nicht vollquatscht und zum gebuchten Preis ins Hotel fährt.

Erstes Date mit Kutaisi

Das Taxi tuckert gemächlich vorbei an alten, typischen georgischen Häusern, vor denen sich unzählige Autokarossen angesammelt haben. Scheinbar ist hier jeder ein Schrauber. Oft fehlt ein Licht, eine Stoßstange oder irgendein anderes Teil des Auto, welches in Deutschland ziemlich wichtig scheint. Hier nicht. Doch das Nummernschild hält. Dazwischen stehen Kühe und mampfen seelenruhig Grünes vom Wegesrand. Vorbei fliegen morbide Plattenbau-Perlen in Brutalismus-Schick, Ständen überbordend von Obst, Gemüse und den typischen georgischen Süßigkeiten aus Traubensaft.

Nach einer halben Stunde komme ich in Kutaissi an. Zwar ist der Check-in im Hotel erst um 14 Uhr, ich probiere dennoch mein Glück. Auf diese Weise kann ich den Koffer parken und habe jetzt genügend Zeit, die Stadt für mich zu erkunden.

Als Hotel kann ich dir diese Perle empfehlen: DRO Hotel. Es gibt zwar kein Frühstück, aber alles ist sauber und muckelig. Nachts wiegt dich das leise Rauschen des nahen Flusses in den Schlaf. Tagsüber kannst du die Gegend erkunden: Die älteste katholische Kirche steht fast daneben und unweit befindet sich das alte jüdische Viertel und die Synagoge. Auf den Kopfsteinpflastern wird Geschichte spürbar, denn gefühlt wurde hier seit 100 Jahren nichts modernisiert (außer das Hotel natürlich).

kaputtes Auto - typisch für Georgien - aber fährt

Lilestan – Plüschpalast nur für mich

 
But first things first: Essen. Als Stier hat das bei mir Prio: Essen und Genuss. Google empfiehlt mir dieses Restaurant mit einer 4,9 Sternebewertung. Lets do it. Drinnen ist es wohl temperiert, westliche, teure Musik läuft. So lasse ich mich standesgemäß in einem Ohrensessel nieder und studiere die Speisekarte. Übrigens das einzige, was ich jemals studiert habe, hehe.
 
In Georgia do it like the Georgians. Also fällt die Wahl leicht: Ein Salat mit Hühnchenstreifen und Walnussdressing, mit Granatapfelkernen und ein Khachapuri – Rand luftig, Käse herb mit einem rohen Eigelb in der Mitte, eine Flasche Borodino Mineralwasser, welches richtig krass nach Mineralien schmeckt sowie ein Glas vom trockenen Rkatsiteli-Wein. Was ist dran an diesem georgischen Wein? Ein Duft von Quitte & Herbstlaub zieht mir in die Nase und.
 
Ich nippe, mein Herz macht „Ping“. Dies ist die Sorte Wein, bei der man spontan sämtliche Online-Kurse in Önologie bucht.
 
trocken und leicht fruchtig und unfassbar leicht und klar. Nicht der typische Weingeschmack sondern ganz anders. Ich möchte fast sagen, fast wie Wasser. Ich komme an. Langsam, in meiner Geschwindigkeit. Ich frage ChatGPT, was für mich in Kutaissi interessant sein könnte. Das mach ich übrigens neuerdings ständig. Der Chatty ist mein ständiger Begleiter geworden. Wenn du auch so einen Begleiter willst, ist dieser CustomGPT vielleicht was für dich? Chatty er schlägt mir den Bazar vor:
Salat und Weißwein in Kutaissi perfekter Start für einen Kurztrip in Georgien

Kutaisi Central Bazaar – Beton & Vitamin C

Dank Google finde ich mich schnell hin und werde nicht enttäuscht: Stell dir eine Flugzeughangar vor, gefüllt mit Melonenpyramiden, Tomaten in Ferrari-Rot, Schweinehälften an Fleischerhaken, dazu ein Käseduft, der dich in Sekunden satt macht. Ich schlendere durch die Gänge, probiere säuerliche Tklapi (Fruchtleder) und geräucherten Sulguni-Käse. Ich bin überwältigt. Ich liebe diese Kultur im Süden, wo es große Markthallen gibt, wo du alles bekommst, was dein Herz begehrt.

Ich denke an meine Omi, sie war in den 60ern mit meinem Opi nach Georgien gefahren und hat immer davon geschwärmt. Eine abenteuerliche Geschichte war, dass der Motor des Moskwich kaputt ging und sie eine Nacht im Straßengraben schlafen mussten. Erst am nächsten Tag kam Hilfe. Die bestand darin, dass das Auto in der Werkstatt ganz gemacht wurde und die beiden von der Familie mit georgischen Leckereien gemästet wurden. Und hier im Markt muss ich daran denken. Das muss für die beiden wie im Paradies gewesen sein. Eine komplett andere Welt im Vergleich zu Ostdeutschland in dieser Zeit.

Bazar in Kutaisi in riesiger Betonhalle

Reunion & Naturwein-Nacht

Am späten Nachmittag landet meine Freundin aus Wien. Weil gut nie gut genug ist, kehren wir wieder im Lilestan ein (Regel #1: Wiederhole, was funktioniert). Als Nachtisch winkt die Bar Wine  Vibes – ein großes Kellergewölbe aus Backstein, mit einer unendlich langen Regalreihe mit feinstem georgischen Wein und in der Luft gute Musik. E. führt mich in die Kunst von Uno ein – jaja, hab ich noch nie gespielt – ich kenn nur Maumau. Und wir dreschen die Karten und drinken göttlichen Wein. Bei dem Gang auf die Toilette gibt es die größte Überraschung für Game of Thrones Fans. Musst du gesehen haben, ich verrate aber nix. Für einen Euro geht es mit dem Taxi zurück ins Hotel. Ein gelungener Abend.

Uno spielen im Wine Vibes

Zweiter Tag mit Omas Frühstück, Klavier im Regen und die UNO-Truppen greifen erneut ein

Frühstück im „Palaty“

Wenn du bis jetzt noch nicht genug zeitgereist bist, dann geht es jetzt noch weiter. Draußen ist es 1994 und hier drinnen ist es 1960. Liebevoll ist das ganze Restaurant mit alten Dingen vollgestellt. An der Wand hängen Post-Its mit Widmungen von ehemaligen Gästen in allen Sprachen der Welt. Auf den Tischen liegen Omas Stofftischdecken, auf jedem Tisch eine andere. Es ist heimelig warm. Kakteen in Senfgläsern, flaumige Eierkuchen mit selbstgemachter Marmelade und Smetana. Der Kaffee schmeckt wie Filtergold.

Wir fühlen uns wohl und holen die Laptops raus: „dürfen wir hier arbeiten?“, der Kellner gibt uns bereitwillig das W-LAN-Passwort. Wir können so lange sitzen, wie wir wollen. Unvorstellbar zuhause in Germania.

Wand mit Post-its im Palaty in Kutaissi

Co-Work & Klavier-Katharsis

Wir arbeiten ein paar Stunden ruhig nebeneinander her, einvernehmlich klickert die Tastatur. Die Uhr verrät, es ist schon 13:00 Uhr, wir finden, es ist Zeit, ein Glas von dem wunderbaren Weißwein zu bestellen, oder?

Plötzlich schlurft ein alter Mann herein, ausgebeutelte Trainingshose, Fetzenpullover, Haare wie Sturmwolken. Er setzt sich ans klapprige Klavier und bestellt sich einen Tschai. Mit sanften Berührungen fliegen seine Finger sanft über die Tasten, ein ätherischer Sound erfüllt den Raum … und alles wird still. Die Melodie klingt sanft und leise und folgt keinem Notenblatt. Draußen fängt es an zu regnen. Die Saiten im Klavier beginnen zu schwingen, genau so wie mein Herz, so dass automatisch Tränen der Wehmut und der Melancholie meine Augen nass machen. Ich gedenke all der Frauen in meiner Familie, die so gerne so gereist wären und waren, wie ich. Draußen weint der Himmel. es regnet.

In stillem Einverständnis nicken wir uns zu und bestellen noch einen Wein und ein paar Snacks. Den Chacha – der lokale georgische Tresterschnaps – gibts auf Haus. Nun gehören wir offiziell dazu.

Chacha und georgischer Weißwein

Regen = Wein, Teil II

Es regnet sich ein – aus unserem Plan, durch die Straßen zu schlendern, wird nichts. Wohin jetzt? Diese Entscheidung verändert nun den Verlauf der nächsten Tage. Natürlich gehen wir wieder ins Wine Vibes, klar, liegt ja quasi um die Ecke. Als wir das Kellergewölbe betrinken, singt Bowie „Ground Control to Major Tom“, alles klar, das war das Zeichen, das ich brauchte. E. bestellt eine Flasche Wein und eine Flasche Sparkling Wine. „Wir sind verloren!“ kreischt meine Leber.

…das passiert, wenn man sich nicht entscheiden kann. Mein Kopf sagt „uiuiui“. Wir lachen, bestellen Pét Nat und entwickeln neue UNO-Regeln, die das House of Cards erschüttern. Drei Runden später ist Raum-Zeit nur noch ein Konzept, das Physiker diskutieren und die Ground Control antwortet schon lange nicht mehr.

im Wine Vibes in Kutaissi

Am dritten Tag gibt es einen fetten Kater, einen Roadtrip & safrangelbes Brotlaib

Katerfrühstück im Hotel Tuta

Oh oh oh, das war keine gute Idee, denke ich mir, als ich ein Auge nach dem anderen Aufschlage. Heute dröhnt doch der Kopf. Aber das Weinvolumen hätte den stärksten Mann umgehauen. Hunger! Katerfrühstück! Ab ins Hotel Tuta, wo Eggs Benedict, ein Khachapuri mit Ei und ein großer Americano das ganze wieder richten sollen. Denn ich habe um 11 der hiesigen Zeit meinen Community -Sonntagscall und diesbezüglich gibt es keine Ausreden – Community geht vor, auch wenn das Hirn noch Jenga spielt.

Danach bestellen wir unser Taxi nach Tiflis. Ja mit dem Taxi! Kostet 60 EUR für uns beide zusammen, dass kann man schon mal machen für diese Strecke:

Eggs Benedikt im Tuta Hotel in Kutaisi

Kutaisi → Tiflis – 230 Kilometer, 3 Stunden, 1 Zeitsprung

An uns vorbei fliegen im regnerischen grau Dörfer, in denen Ladas ohne Türen rosten, Häuser mit Balkons ohne Balustrade stehen, während Kids Fußball spielen.

Irgendwo im Nirgendwo tanken wir LPG Gas, es ist grau, es regnet, es ist kalt. Plötzlich sind wir gefühlt wieder im Polen der 90er Jahre. Inklusive durchgerittenem Audi. Verrückt. E. springt aus dem Auto, weil eine Straßenhündin Junge hat. Generell gibt es hier überall Hunde, die auf der Straße liegen und dösen. Kaukasische Schäferhunde, wie sie meine Eltern hatten. Ich desinfiziere gedanklich E.s Hände.

Tankstelle auf der Strecke zwischen Kutaisi und Tiflis

Brot der Götter

Am Rikoti-Pass stehen unzählige Bretterverschläge die ein einziges Produkt bewerben: Ein Brot in Form eines bräunlichen Halbmondes. Frauen mit bunten Kopftüchern ziehen halbrunde Brote aus Lehmöfen. „Was ist das?“ Frage ich den Fahrer. Er stoppt für uns und wenige Minuten später halte ich eines dieser duftenden Brote in der Hand. Die Brote werden an der Innenwand eines Tandori-ähnlichen Ofens gebacken und schmecken nach Steinofen. Innen ist es gelb wie Safran, klebrig wie Honig, Rosinen tanzen darin Polka. Ich atme Zimt, Zucker, Hefe. Debil grinsend sitze ich nun auf dem Beifahrersitz und mampfe das Brot in mich hinein. Vergiss Macarons, das ist Food-Porn. Der Kopf tut auch schon gar nicht mehr so weh. 

An mir vorbei fliegen nun unendliche Felder und Wiesen, bedeckt mit einer Wildblumenvielfalt, die mir den Atem verschlägt. In der Ferne dräuen uralte Burgen. Vor meinen inneren Augen sehe ich die Herden von Dschingis Khan entlanggaloppieren. 

Straßenstand zwischen Kutaisi und Tiflis mit Honigbrot

Tiflis – Ab in die Altstadt

Unsere Airbnb-Bude liegt in einer Straße, in der Balkone auf Zahnstocherpfosten ruhen. Treppenhaus? Dunkel wie eine Höhle, Unter dem Putz sieht man alte „Prawda“-Zeitungen. Zeitreise mal wieder. Man weiß gar nicht mehr, wann man ist.

Erschöpft legen wir uns kurz hin. Auf einmal: „Kreisch! Meine Tasche“. Ich habe meine Tasche im Auto liegen gelassen, der Taxifahrer ist schon wieder unterwegs nach Kutaissi. Verdammt! Und nun? Nun, irgendwie werden wir das lösen, doch erstmal wieder futtern. Diesmal etwas Deftiges:

Straßen in der Altstadt von Tiflis

Khinkali-Therapie & Basar-Bummeln

Hunger! Es gießt wieder in Strömen. Die Straße wird zum Fluss. Wir flüchten in ein Restaurant um die Ecke. Sobald wir sitzen, hört der Regen auf. Egal: Wir bestellen uns riesige Khinkali, die man am Hals packt und auszuzelt – wer kleckert, zahlt Schnaps. Heute kleckert keiner. Wegen gestern.

Danach gehen wir noch zum hiesigen Bazar am wunderschönen Orbeliani-Platz, um Dinge für die nächsten Tage zu kaufen: Wir sind komplett geplättet von der Vielzahl an Ständen, im oberen Stock gibt es einen Foodcourt – Pelmeni, Pkhali, hausgemachte Limonade. Ganz unten einen Carrefour mit allen Dingen. Wahnsinn! Und das jeden Tag! Unvorstellbar in good old Germany.

Khinkali in Tiflis
Bazar in Tiflis

Handtaschen-Horror

Währenddessen pockert die Sorge um meine Handtasche in mein Herz und sorgt dafür, dass ich die ganze Nacht nicht schlafen kann. Obwohl ich völlig kaputt bin. Doch zwei Ladies in einem Bett und unten die laute Straße, zwei Nächte auf 180% – das ist zu viel. So schmiede ich einen Plan für meine Handtaschenrettung in der schlaflosen Nacht. Denn glücklicherweise ist nichts wichtiges drin in meiner Handtasche: Pass, Geld und Dinge sind immer bei mir. So verbringe ich die Nacht in einem Fieber aus Selbstvorwurf und „Bitte, bitte, liebes Universum“.

Vierter Tag des Georgien Kurztrips: Grenzen setzen, Kanal retten, Power-Nap

Morgens steht ein neuer Plan: und das tote WLAN unterstützt diesen: Ich brauche eine Nacht für mich selbst in meinem Bett. So reserviere ich mir zwei Nächte in einem Hotel in der Nähe und die letzte Nacht noch mal in Kutaissi. Das wird dann auch der verabredete Ort für die Taschenübergabe. Mein Hotelwechsel steht an, aber Check-in erst um 14 Uhr. Es ist schon wieder wild. Ich möchte die Adresse nicht mit euch teilen, da es keine Empfehlung ist, aber nur so viel:

Nur weil das Hotel bei Booking.com gelistet ist, ist es noch lange nicht das ganze Gebäude. Nein. Das „Hotel“ ist eine Etage im Dachgeschoss eines wunderschön verschnörkelten Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert. Das ist natürlich der Grund, warum ich „ja“ geklickt habe. Den Fakt, dass es keinen Fahrstuhl gibt und ich die drei Stockwerke meinen Koffer hochbuckeln muss, habe ich bereits in den Rezensionen wissentlich ignoriert. Kann ja nicht so schlimm sein, denn ich will mein eigenes Zimmer.

Pünktlich 14:00 Uhr steh ich vor der Tür, die so gar nicht nach Hotel aussieht. Es gibt nur einen Pin-Code und eine Klingel. Auf die keiner reagiert. Nerv. Aber als katastrophenerprobte Person (was wir Witwen per se einfach sind) juckt mich das nicht. Ich schicke eine Nachricht über die Booking.com App und der Besitzer meldet sich. Er taucht dann auch 30 Minuten später auf – sein Profilbild auf WhatsApp sieht vielversprechend aus. Und nett ist er auch.

Das kann ich von dem Zimmer nicht sagen: Fenster, die schwer aufgehen mit wackeligen Griffen, Und vor allem ein unfassbar stinkendes Bad. Und kein Wechsel des Zimmers möglich. Früher hätte ich Stoikerin gespielt – heute nicht.

> Ich: „Das Bad riecht nach Chemieunfall. Bitte fixen, sonst buche ich um.“
> Er (verlegen): „es tut mir leid, ich kümmere mich“

Halbherzig pustet er Raumspree in den Ausguss. Ach, der Traps, denke ich mir und sage ihm, er soll Wasser draufgießen, dass hilft. Und siehe da, der Gestank verschwindet.

Klugscheißen und Anweisungen geben – kann ich.So kann es gerne weiterlaufen.

Der Rest des Tages: schneller Lunch, drei Stunden Tiefschlaf – endlich. Denn: Selbstfürsorge ist das neue Sightseeing.

Erste Verluste am fünften Tag: Buchungschaos, Bus und Me-Time-Deluxe

Ich habe göttlich geschlafen. Endlich. Wieder. Allein. Ich schätze immer mehr das Alleinsein mit mir: keiner stört im Bett, keiner beim Sightseeing und ich habe Zeit für mich und meine eigenen Gedanken.

Ein Blick aufs Handy reißt mich aus meiner Harmonie mit mir selbst.

Buchungs-Fail & Rettung

„hier sind die Checkin-Daten für Ihr Hotel in Kutaissi“. Oops – habe ich doch nach der übermüdeten Nacht gestern mein Hotel in Kutaisi versehentlich für heute (kreisch!) statt morgen gebucht. Kurzer Pulsanstieg, kurze Selbstanschuldigung und Panik und dann Umbuchung, volle Rückerstattung, alternatives Zimmer. Travel-Ninja-Level: unlocked.

Ok, jetzt first things first, denn es gibt nicht das versprochene Frühstück im Hotel. Natürlich nicht. Der Typ schläft noch fest in seinem Zimmerchen. Zeit um sich ein Frühstück zu organisieren:

Frühstück hunts & Old-Town-Stroll

In Georgien gibt es irgendwie keine Frühstückskultur. Nur die westlich ausgerichteten Restaurants haben eine Frühstückskarte. Ich finde aber in der Altstadt dank Google ein wunderschönes Hotel mit Frühstücksoption und bestelle ein leckeres türkisches Frühstücksei mit Labne. Danach spaziere ich langsam durch die Altstadt. Ich merke, ich komme langsam wieder bei mir an. Ich bummele gemächlich durch die pittureske Altstadt: geschnitzte Holzbalkone, Schwefelbad-Kuppeln, Kabelsalat an Hauswänden, Katzen an jeder Ecke. Am Meidan Bazar angekommen, finde ich den Bazar nicht. Dafür steht da ein großer roter Doppeldeckerbus.

Früher wäre ich niemals damit gefahren. Touristenscheiß für Idioten, die zu doof sind, Google zu lesen. Mein neues Leben 2.0 ich sagt: püh, scheiß drauf, wie mich mein altes Ich bewertet – ich nehme den

pochierte Eier auf türkische Art in Labne

Hop-on/Hop-off – 17 € für Tbilisi-Crashkurs

In nur 90-Minuten habe ich alles relevante Touristische von Tbilisi gesehen: Sameba-Kathedrale → Freiheitsplatz → Mutter-Georgien-Statue → Chronicles of Georgia-Monument. Auch wenn der Audioguide klingt wie damals „Deutsche Welle Polen“ erfahre ich doch eine Menge über diese Stadt, die ich sicher noch mal besuchen werde. So sitze ich oben im Schatten, schaue auf die Stadt hinunter und grinse debil in mich hinein und mag mich noch mehr.

Der ganze Bus für mich allein – gönn mir!

Dana im Hop-on-Bus in Tiflis

Teigtaschenliebe und Siesta

Auf dem Rückweg zum Hotel gönne ich mir noch eine Leckerei: Eine würzige Rinderbrühe im Tontopf mit kleinen Teigtaschen und das ganze mit einem Teig überbacken. Extrem lecker und sättigend. Und das war nur die Vorspeise! Zum Nachtisch gibt es Blini mit Smetana. Das ist mein Reisetrick: Immer nur die Vorspeise und die Nachspeise essen. Denn bei der Vorspeise geben sie sich immer am meisten Mühe und naja, zum Dessert brauch ich nichts sagen.

Das reicht für heute, zurück ins Hotel-Zimmer, Zeit für ein Mittagsschläfchen, bevor ich mich abends mit meiner Freundin zum leckeren Abschiedsabendessen treffe.

Erkenntnis: Reisen ist auch die Kunst, Pause zu sagen.

Suppe mit Teigtaschen im Tontopf mit Dana

Abreise über Kutaisi nach Hause

Am morgen wache ich gut ausgeschlafen auf und schaue auf den heutigen Plan: Mittags noch mal mit meiner Freundin im Co-Working-Space treffen und nachmittags mit dem Bus nach Kutaissi fahren, dort gegen 20:00 Uhr meine Tasche im Hotel abholen und im neuen Hotel einchecken.

Klingt nach Stress, stimmts? Ich bekomme beim studieren meines Kalenders auch fast ein Magengeschwür.

Also schaue ich auf der Busapp https://citybus.ge/en oder https://metrogeorgia.ge/ ob ein Bus heute noch etwas eher fährt. Siehe da, in 1,5 h geht der nächste Bus. Lets do it- das Ticket kostet nur 10 EUR, da kann ich das bereits gekaufte Ticket ruhig verfallen lassen.

Seelenfrieden ist immer wichtiger als Geld. Learning als Witwe.

Also packe ich meine sieben Sachen, ordere mir ein Bolt-Taxi zur Bushaltestelle und warte an der Bushaltestelle auf den Bus. Plötzlich ruft mich eine unbekannte georgische Telefonnummer an: Der Beifahrer vom Bus, der mir sagt, dass der Bus 30 Minuten Verspätung hat. Wo gibt´s denn sowas? In Deutschland sicher nicht.

Eine Dreiviertelstunde später sitze ich im Bus, lass mich durch Georgien schaukeln und verliere mich in meiner Lieblings-Endlosplaylist, die ich damals bei Steffens Tod begonnen habe. Die Leben 2.0 Playlist quasi.

In Kutaissi angekommen, buche ich mir direkt ein Taxi ins alte Hotel, finde meine Tasche mit all dem wichtigen Inhalt und checke im neuen Hotel ein. Noch ein schnelles Abendbrot und um 17:00 Uhr geht es auch schon ins Bettchen. Morgen muss ich 2:00 Uhr raus, da mein Flugzeug um 6:00 Uhr nach Larnaka startet.

Kaffee bei der Busfahrt für 10 EUR von Tiflis nach Kutaisi
Protaras von oben im Landeanflug auf Zypern von Georgien aus

Endlich wieder nach Hause

Beim Check-In gibt es noch mal kurz Aufregung: Alle Buchungen werden noch mal separat geprüft. Mir rutscht das Herz in die Hose: Darf ich nicht nach Zypern, wegen der derzeitigen geopolitischen Lage mit Israel?

Nach einer Stunde Warten die Erlösung: ich bekomme endlich mein Ticket.

Noch zwei Flaschen von dem guten Wein im Duty Free gekauft und dann geht es endlich los:

Während der Kaukasus unter mir langsam hinter den Wolken verschwindet, denke ich: Das war kein Urlaub, das war ein Herz-Reset.

In Zypern angekommen, sagt der Grenzbeamte „Welcome to Cyprus“ zu mir und grinst über beide Wangen. Ich heule vor Glück. Zuhause ist doch zuhause. Und krass, dass ich erst 48 Jahre alt werden musste, um es zu finden… 

Eine Stunde später stehe ich schon wieder in meinem geliebten Meer…

Preise in Georgien im Juni 2025

Sicherheits-Notizen für Solo-Frauen

Straßenhunde sind meist freundlich, aber Impfstatus bedenken. Immer schön Hände waschen. Katzen gibt es auch 🙂

Taxis Nur Bolt oder Yandex, nie ohne App‐Preis einsteigen. Eine Bolt-Taxifahrt ist immer sicher, der Preis ist fix und du musst dich nicht vollabern lassen.

Handtasche Immer quer & geschlossen – auch wenn Georgier ehrlich sind, Murphy wohnt in jeder Großstadt.

Generelle Sicherheit Du bist über 1,80 m? Die Blicke sind dir sicher. Aber ansonsten passiert dir hier nichts. Ich habe mich hier als Frau allein stets sicher gefühlt. Die Menschen scheinen zwar mufflig, sind aber doch sehr hilfsbereit. (außer die Kosmetikverkäuferinnen – wie überall auf der Welt …) 

Das kann so ein Georgien Kurztrip mit dir machen:

Georgien fühlt sich an wie ein Zuhause aus einer anderen Zeit. Noch mal fühlen wie mit 20. Leider ohne die Hauptdarsteller von damals. Die Luft ist wie in Europa, die Stimmung wie in Polen 1994. Du läufst über Kopfsteinpflaster, schmeckst 8000 Jahre alte Weintradition, hörst Bowie, während Regen vom Himmel trommelt – und begreifst: Heilung passiert, wenn Gegensätze aufeinander treffen

Für mich als Witwe war dieser Trip mehr als Sightseeing. Er war ein:

  • Crashkurs in Selbstwirksamkeit (SIM-Hack, Hotel-Deal, Abfluss-Klartext).
    Reminder, dass Trauer sich ihren Raum nimmt (Tränen am Klavier).
    Liebeserklärung ans Alleinreisen: Deine Reise, deine Regeln, deine Auszeiten

Ich kehre nach Zypern zurück, spüre endlich wieder Meerwasser auf meiner Haut und gerade nicht wirklich mehr Reiselust. Ich bin angekommen in meinem Leben 2.0. Und wenn du gerade überlegst, ob du allein losziehst: Mach es! Flieg nach Georgien, hör Regen auf Blechdächern, iss Brot, das nach Honig schmeckt, und lass ein Klavier dein Herz stimmen. 

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