der 29. Oktober ist der Tag des Einsiedlers, der Katze und des Haferbreis. Klingt nach einem Baukasten für meinen aktuellen Lebenstraum

Tag des Einsiedlers, der Katze und des Haferbreis

von | Okt 29, 2019

Heute ist der Tag des Einsiedlers, der Katze und des Haferbreis, verrät mir gerade das Internet. Das klingt nach einem traumhaften Tag und ist doch noch ein schöner Aufhänger, um den heutigen Blogeintrag zu schreiben, denn manchmal fällt mir nichts ein, was ich schreiben könnte.

Ich habe ständig das Gefühl, mich für meinen Zustand erklären zu müssen, für mein Bedürfnis, mich zurückzuziehen. Aber ich weiß mittlerweile, dass das nur zu normal ist.

Hirntennis

Zwar pingpongen ständig irgendwelche Gedanken in meinem Hirn hin und her, aber nicht alle Gedanken sind schreibenswert, oder wären vielleicht zu schockierend und depressiv für Euch und werden von meiner Selbstzensur meist mit sich selbst revidiert.

Und dazwischen flackert auf einem kaputten pinken Neonschild ständig STEFFEN auf. Bzzzzz bzz bzzzzzz. Ständig. Bei jedem Gedanken.

Deswegen halte ich mich ein wenig zurück, um Euch nicht zu schockieren, denn meine inneren Dämonen halte ich ganz gut ganz alleine aus.

Wie ticken Trauernde?

Und meine Nabelschau ist vielleicht nicht immer interessant, aber vielleicht hilft es zu verstehen, was in Menschen wie uns, die gerade ihren Lebensmittelpunkt verloren haben und dadurch traumatisiert sind, vorgeht und wie sie ticken.

Auf alle Fälle ticken sie langsamer. Ich könnte den ganzen Tag mit mir zuhause verbringen und mich mit mir beschäftigen und ab und an schaue ich auf das Kalenderblatt und bin schockiert, wie die Zeit rennt. Und wie ich überhaupt nicht fähig bin, endlich einmal aus dem Pott zu kommen.

Die Fragen der anderen nach dem „was ist dein Plan“ und „wie geht es mit dir weiter“ häufen sich. Es sind ja nun auch schon acht Monate seit Steffens Monat vergangen, langsam sollte man sich doch mal wieder einkriegen: „Du bist doch noch jung!“, „was ist mit deiner Rente“ und „was willst du später mal machen“. „Aber du musst doch …“

Das hat sich Steffen auch gefragt und jetzt? Ist er tot! Er braucht seine Rente nicht mehr, das ganze Geacker war für den Arsch. Tot gemacht hat er sich deswegen. Dieser elende Druck der Gesellschaft, von außen, von mir. Ich könnte deswegen kotzen. Ich habe es so satt. Diese Fragen.

Also eine einzige Bitte an Euch, hört bitte auf, mich zu fragen, wie es denn jetzt mit mir weitergeht.

 

ICH WEISS NICHT, WIE ES MIT MIR WEITERGEHT!!!

Und nur, weil man denkt, dass man einen Plan hat, eine Strategie – bedeutet das noch lange nicht, dass das am Ende dann auch so wird. Der Unterschied ist nur, ich weiß bereits, dass nichts sicher ist. Du hast noch Angst vor dieser Erkenntnis.

Entscheidungen treffen bei Depressionen

Ich bin froh, dass mir meine Psychologin gesagt hat: „Dana, in deinem Zustand der Depression bist du einfach nicht fähig, Entscheidungen zu treffen. Kümmere dich erstmal um dich und lerne erstmal neu, was dir überhaupt gut tut.“ Das nimmt so viel Druck raus.

Leben neu erlernen

Das Einzige, was ich gerade muss, ist also das Leben wieder lernen. Weil ich nur noch den Tod kenne.

Der lange Weg zurück

Ich bin froh, dass ich gerade jeden Tag halbwegs irgendwie überlebe, es halbwegs schaffe, zu essen, meine Wohnung irgendwie sauber zu halten, meinen täglichen Kram zu sortieren, meine Bürokratie schaffe und ja, ab und an auch mal ausgehe, damit ich ein Gefühl dafür bekomme, wie sich dieses Ding namens LEBEN eigentlich anfühlt. Und jeden Abend, vor dem Einschlafen, denke ich an den riesigen Berg von anderen Dingen, der noch erledigt werden muss.

Bitte nicht!

Sätze wie: „Du hast es ja gut, du kannst …“, „Du feierst ja ganz schön oft“, „ach, ich würde ja auch so gerne dasselbe machen, wie du“ schmerzen sehr. Weil ich bei dem kleinsten Ansatz von Lebensfreude durch diese Aussagen sofort wieder sehr hart geerdet werde und mich umgehend schlecht fühle.

Mir ist durchaus bewusst, dass ich das hier nur tun kann, weil Steffen gestorben ist. Täglich.

Und das war es dann auch schon wieder mit der guten Laune und der aufkeimenden Lebenslust.

Klar, muss ich lernen, mich abzugrenzen. Aber ich muss gerade so viel lernen und ich bin so unglaublich erschöpft und müde.

Und das ist der Grund, warum ich mich gerade nur mit ganz wenigen ausgewählten Menschen treffe, und zwar nur diesen, die mir wirklich gut tun, und nur wenige andere Kontakte suche. Am liebsten bin ich gerade allein. Ich verstehe die Idee des Einsiedlers nur zu gut.

Ich habe meine Zukunft verloren!

Mit Steffens Tod ist alles weg, wofür ich gekämpft habe: meine große Liebe, unser Unternehmen, unsere Zukunft und unsere romantische Vorstellung von einem gemeinsamen Lebensende.

Das mag vielleicht kitschig klingen, aber die meisten Menschen haben doch irgendeine Idee, wie ihr ideales Leben aussehen sollte und kämpfen dafür täglich:

Ihr kommt irgendwohin nach Hause, wo irgendjemand wartet. Vielleicht habt ihr Kinder, für die ihr jetzt verantwortlich seid. Der nächste Urlaub wird geplant oder zumindest das Wochenende. Es gibt einen Job, den ihr macht, damit ihr euch irgendwann das oder das kaufen könnt oder den geplanten Urlaub machen könnt oder zumindest die Miete bezahlen könnt. Das alles macht Sinn, weil es in Eurer Welt noch ein später, einen Plan gibt.

Den habe ich nicht.

Der Tag des Einsiedlers, der Katze und des Haferbreis

Und in diesem Moment stolpere ich darüber, dass heute, am 29.10. in den USA der Tag des Einsiedlers, der Katze und des Haferbreis gefeiert wird. Alles gleichzeitig. Das klingt nach einem potentiellen Lebenstraum für mich.

Aber wie gesagt, in der Depression trifft man keine Entscheidungen. Deswegen ist das nur meine aktuelle Stimmung.

Und ja, ich möchte mich weiter mit euch treffen, aber habt bitte Verständnis, wenn es so selten passiert.

Das hat nichts mit Euch zu tun, sondern nur mit mir!

Ich hätte nicht gedacht, wie viel Ruhe und Zeit ich für mich benötige.

danaheidrich.com/.well-known/apple-developer-merchantid-domain-association