Es ist unendlich heiß. Wie ein Crescendo aus Hitze und Krebs bauen sich die Geschehnisse unseres Lebens und dieses Blogs bis zum heutigen Tag auf. Heute, am 09.08.2018 beginnt endlich Steffens Chemotherapie.

Da wir gar keine Vorstellung haben, wie sich die Chemotherapie auf seine Gesundheit oder auch Krankheit auswirken wird, sind wir beide ungemein aufgeregt. Die Nerven liegen bei uns beiden blank.

Obendrein befindet sich Steffen nun für die nächsten 5 Tage im Krankenhaus mit dieser schlechten Ernährung dort. Convenience-Food und wenig Obst und Gemüse. Und auf Basis dessen soll er aber die Kraft aufbringen, diese Chemo durchzustehen.

Ernährungsumstellung

In den letzten Tagen und Wochen habe ich mich belesen, was die beste Unterstützung für ihn wäre. Ich sage immer, die Ärzte spielen eine neue Sofware auf, ich kümmere mich um die Hardware. Dies bedeutet eine sofortige Ernährungsumstellung:

  • kein Zucker
  • kein Fleisch – nur am Wochenende eine Wunschspeise und dann Bio
  • Unmassen von Obst und Gemüse – als Salat/Smoothie/Suppe
  • kein Alkohol

Steffen bekommt eine Chemo nach dem TPF Schema und so sieht dann die Flasche mit der Chemotherapieflüssigkeit drin aus.

Die Flasche trägt er in einer kleinen Bauchtasche an seinem Körper, wir finden, sie ähnelt sehr einer Hipsterbauchtasche. Über einen Schlauch wird die Flüssigkeit in den gestern frisch gelegten Port gepumpt. Der Schlauch hat einen Wärmesensor, der dafür sorgt dass, falls der Schlauch und damit der Sensor abgerissen wird, die Flüssigkeit nicht mehr weitergepumpt wird.

Steffen erzählte mir, dass er einen Patienten kennengelernt hat, dem bereits vor Jahren die Chemo-Flüssigkeit über den Arm gelaufen ist, weil die Kanüle aus der Vene geploppt ist. Seitdem hat er noch immer schwarze Verfärbungen auf der Haut, genau dort, wo die Flüssigkeit entlanggelaufen ist.

TPF-Schema

Bezüglich des TPF-Schemas hier zitiere ich einfach einmal die Deutsche Apotheker Zeitung, welche folgendes schreibt:

„Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Kopf-Hals-Bereichs werden folgende Behandlungsziele angestrebt:

  • die lokale Kontrolle des Tumors,
  • eine Verhinderung der Metastasierung sowie
  • der Organerhalt.

Mit Hilfe einer Induktionstherapie ist man diesem Ziel ein Stück näher gekommen. Diese Art der Behandlung besteht aus einer Chemotherapie (TPF-Regime = Docetaxel, Cisplatin, 5-Fluorouracil) und einer nachfolgenden Radio-Chemotherapie. Die Ergebnisse zweier randomisierter Phase III-Studien – TAX 323 und TAX 324 – haben gezeigt, dass dieses Vorgehen der alten Induktionstherapie (eingesetzt wurde dabei das PF-Schema = Cisplatin und 5-Fluorouracil) überlegen ist, was sich in einem um 30% reduzierten Mortalitätsrisiko niederschlägt. Zudem konnte in einer weiteren Studie bestätigt werden, dass nach einer TPF-Induktionstherapie die nachfolgende Strahlendosis nicht reduziert werden muss. Nach abgeschlossener Radio-Chemotherapie lag die Rate der Patienten mit klinisch kompletter Tumorrückbildung mehr als doppelt so hoch wie im Kontrollarm ohne Induktionstherapie (46,8% vs. 19,2%). Durch eine Induktionstherapie kann in vielen Fällen organerhaltend operiert werden, was wiederum die Lebensqualität des Patienten beträchtlich erhöht.“

Also wird hier bei Steffen ein relativ neues Verfahren angewandt. Nichtsdestotrotz wiesen wir nicht, wie es sich auf ihn gesundheitlich auswirkt.

Steffens Zimmergenossen leiden derweil stark unter ihren jeweiligen Chemotherapien. Jeder bekommt ja eine individuell auf den jeweiligen Krebs abgestimmte Therapien, die natürlich auch verschiedene Wirkungen haben und die Menschen sind auch verschieden und jeder reagiert anders.

Mitgebrachter Salat

Also zurück zu dem, womit ich mich auskenne: nach der Arbeit bringe ich Steffen wieder den Chaga-Tee und einen frischen knackigen Salat mit einem Kühlpack umwickelt. Ich fahre mit dem Fahrrad hin. Bei einer Außentemperatur von 38 Grad fühlt es sich jedoch an, als würde man Fahrrad in einem Backofen fahren. Am Horizont dräut derweil eine riesige Gewitterwolke.

Es regnet jedoch, natürlich, nicht.

Steffen hat wegen seiner Fokussierungsprobleme eine Augenklappe bekommen und sieht jetzt aus wie ein Pirat. Die Klappe setzt er nur zum Essen ab, weil er nur noch kurze Entfernungen gut sieht, und isst nun brav seinen Salat auf, den ich ihm mitgebracht habe.

In der Nacht baut sich wieder ein Unwetter auf, aufgeregt schaue ich den Wetterradar und stehe auf meinem Balkon voller Vorfreude auf den Regen. Doch außer warmer Luft passiert nichts. Bei Steffen, der sich in der Charité 4 km von mir entfernt befindet, regnet es 30 Minuten. Bei mir nur 5 Minuten. Entsetzlich!