Deathcleaning
Was hat deathcleaning mit Liebe zu tun und was bleibt von uns nach dem Tod? Wie du schon jetzt mit Achtsamkeit und Liebe für viel Freude sorgst und dich selbst mit logischen Gedanken durch den Frühjahrsputz oder Herbstputz bringst.
Wer mich kennt, weiß es längst: meine Vorliebe für das dunkle und makabre zieht sich bei mir schon durch das ganze Leben. #deathpositive ist für mich nicht nur ein Hashtag, es ist mein Lebensgefühl. Deswegen ist es nur logisch, dass für mich der dänische Hygge-Trend niemals ein Wohntrend werden kann, denn viel eher fühle ich mich beim schwedischen Deathcleaning wohl. Death cleaning ist Hygge für Gruftis, oder so.
Was ist Deathcleaning?
Döstädning, das schwedische Wort für Deathcleaning, ist nicht unbedingt das, was der Tatortreiniger macht, sondern eher der Moment davor.
Deathcleaning bedeutet, die Wohnung so aufzuräumen, als wäre man schon tot, lebt aber noch darin.
Kennst du den Moment, in dem du wieder die Ferienwohnung verlässt, alles ist wieder aufgeräumt, dein Krempel im Koffer verstaut und du denkst dir „ach, das war schon eine schöne Wohnung.“. Es geht um dieses Gefühl, nur für deine eigenen vier Wände.
Wie würde deine Wohnung aussehen, wärst du nicht mehr da. Dadurch muss man sich aktiv damit Auseinandersetzen, was am Ende von einem bleibt, wenn man tot ist. Spoilerwarnung: Was jedem passieren werden wird, btw.
Und wenn man sich einmal auf diesen Gedankenpfad begeben hat, bekommt man die Antwort auf die Frage:
Was ist wirklich wichtig im Leben?
Wer stirbt, hinterlässt gewöhnlich Gegenstände, Wohnungen, Häuser oder Lagerräume gefüllt mit Dingen, die er über sein ganzes Leben lang mühselig zusammengesucht hat. Jedes einzelne Stück hatte eine besondere Bedeutung für den Verstorbenen. Diese Dinge bedeuten denjenigen, die sich nach dessen Tod mit dem ganzen Kram befassen müssen jedoch meist nichts bis gar nichts, solange sie nicht einen materiellen Wert haben (im schlimmsten Erbenfalle).
Wenn die Erben jedoch empathisch sind und man in seinem Leben „Liebe vor Materie“ gelehrt bekommen hat, wird es einen bei jedem einzelnen Erinnerungsstück innerlich zerreißen, weiß man doch, was diese Dinge dem Verstorbenen alles bedeutet haben oder haben könnten. Wie gerne würde man jetzt, danach, den Verstorbenen fragen, was es mit diesem einen Gegenstand oder Bild auf sich hatte.
Egal wie es endet, es ist eine riesige Bürde für die Nachkommenden, sich mit dem ganzen zurückgebliebenen Gerümpel zu beschäftigen.
Selbst ich habe noch kistenweise Dinge von Steffen, von denen ich mich kaum trennen kann oder ob der Aufgabe gelähmt bin, da die Arbeit einfach nicht enden will.
Wer also seinen Lieben etwas Gutes tun will, fängt mit dem Deathcleaning schon zu Lebzeiten an. Denn dieses Death cleaning birgt so einige Vorteile in sich und es ist nie zu früh dafür:
Vorteile des Deathcleaning
Man setzt sich mit dem eigenen Tod auseinander
Sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen, klingt zunächst furchtbar, aber wie alles Furchtbare, führt es unweigerlich bald zu einem unfassbaren Boost von Glück. Ich weiß, wovon ich rede, und kann es dir nur empfehlen!
Wenn man sich nämlich erst einmal wirklich bewusst ist, dass man sterben wird, wenn man sich bewusst wird, dass das eigene Leben endlich ist und es manchmal sogar schneller vorbei sein kann, als man denkt, lebt man das eigene Leben, welches man jetzt noch vor sich hat, viel genussvoller und glücklicher.
Denn jeder Tag könnte der letzte sein!
Man erspart seinen Lieben viel Schmerz
Wenn jemand stirbt, muss man sich mit einer derartig riesigen Scheiße auseinandersetzen und ständig völlig absurde Entscheidungen treffen, von denen man bis vor ein paar Wochen noch keine Ahnung oder Vorstellung hatte. Zumindest bis zur Beerdigung ist man damit erst einmal ausreichend beschäftigt.
Und parallel pickert die Vernunft ins Gehirn, denn da ist ja noch der Wohnraum des Verstorbenen, der vielleicht Miete frisst oder gierige Verwandte wollen ihren Anteil vom Verkauf. Geld, Geld, Geld! Und in der Butze steht dann der ganze Krempel, den keiner mehr braucht und türmt sich zu scheinbar unüberwältigbaren Höhen voller Emotionen und Erinnerungen auf.
Sei mal ehrlich, das geht doch viel besser und leichter! Denn wenn sich der Verstorbene schon selbst zu Lebzeiten um die Verteilung und Entsorgung seiner Dinge gekümmert hat, erspart er seinen Lieben viel Stress und schenkt Liebe. Oder man gibt halt seinen liebsten Menschen kurz vorm Sterben den Tipp, das Erbe auszuschlagen, wenn alles verjuchheit ist, auch absolut legitim.
Leere führt zu Fülle
Häh? Wie jetzt? Was ist das für ein Hippie-Kram? Umso weniger Gegenstände man besitzt, umso mehr Raum herrscht um einen herum. Und dieser Raum sorgt für mehr Freiheit im Geist. Raum ist Luxus. Kennst du diese Freiheit, die sich im Kopf breit macht, wenn man in einen großen, hellen und minimal eingerichteten Raum kommt? Und jetzt stell dir mal das Gefühl vor, wenn du in einem engen, dunklen Raum, bis zur Decke vollgepackt mit mehr oder weniger nützlichen Dingen kommst. Was denkst du, in welchem Raum hast du mehr Ideen? In welchem Raum fühlst du dich dagegen gelähmt und antriebslos? Welchen Raum möchtest du sofort mit einem Flammenwerfer entkernen?
Man kann mit Dingen abschließen
Die bittersten Erkenntnisse der letzten drei Jahre sind für mich, dass es kein Zurück gibt und es wird nie wieder so sein können wie früher.
Umso länger man sich in Bilder und Momentaufnahmen aus der Vergangenheit vertieft und betrauert, was alles ver- und untergegangen ist, umso schlechter geht es einem und man verpasst das Jetzt. Genau das Jetzt, was der Quell der Erinnerungen der Zukunft werden wird. Dieses Jetzt hier, das vielleicht sogar besser als die Vergangenheit werden kann. Warum quält man sich also selbst mit den immergleichen Schmerzen, die zu nichts, aber auch gar nichts führen, außer dass man sein Leben verpasst und schneller tot ist, als man gucken kann?
Ballast abwerfen
Jedes weggeworfene oder verkaufte Ding ist Ballast, den du soeben abgeworfen hast. Keine Sorge, die Momente der Leichtigkeit wiegen mehr als der kurze Stich des Vermissens, der einmal in zehn Jahren auftauchen kann.
Wie beginnt man mit dem Deathcleaning?
Verschenke Freude – Recycling
Du bist bei irgendeiner Feier eingeladen und brauchst ein Geschenk? Verzweifelt beginnst du die Suche nach etwas passendem.
Warum suchst du nicht einfach etwas aus deinem unendlichen Sammelsurium heraus, schreibst eine Widmung dazu und fertig ist das persönliche Geschenk hoch 3: – individuell, persönlich und wertvoll.
Und falls du irgendwann die Hufe hebst, steigert das den Wert des Geschenkes umso mehr, also zumindest emotional.
Und die persönliche Widmung lässt auch keinen Raum mehr für Spekulationen. So kannst du einfach deine Liebe auf Papier bannen.
Mülloptimierung
Du bist mal wieder dem Konsum erlegen? Dann muss der Müll, den du heute fortbringst, mindestens das doppelte Volumen des Gekauften samt Verpackungsmaterial haben. Generell gilt: bringe immer mehr Müll raus, als wie du Dinge gekauft hast. So wird sich dein Wohnraum von ganz allein sukzessive leeren, wenn du zeitig genug damit anfängst.
Frag deine Freunde oder Familie um Hilfe
Du bist heillos mit deinem ganzen Gerümpel überfordert? Dann bitte deine Liebsten um Hilfe, ganz nach dem Motto „mit der warmen Hand geben“. Macht einen fixen Termin aus, bestellt den Altmüllcontainer, besorge Müllsäcke, Spinnenspray und starke Männer. Setz dich wie der Pascha in die Ecke und dirigiere die Massen: „das soll mal mein Enkel bekommen“, „der Lieblingssessel von Oma, neu bezogen macht er echt was her“ und die Kochbuchsammlung geht an den enthusiastischen Enkel. Und abends gibt´s Grillwürstchen und Bier und eine neu gewonnene Einheit.
In welchem Alter sollte man mit dem Deathcleaning zu beginnen?
Margareta Magnusson, die Begründerin der Idee des Deathcleaning empfiehlt, so ab 65 Lebensjahren mit dem Deathcleaning zu beginnen.
Ich bin jedoch der Meinung, dass man nie zeitig genug anfangen kann, sich zu verkleinern und das Gepäck, welches man durch das Leben schleppt, zu verringern. Außerdem stirbt in meiner Welt kaum einer nach Norm Ü80. Alles Ü40 ist drin. Meine Ü40 Party steigt stets auf irgend einer Beerdigungsfeier. Hochzeitsfeiern sind so out.
Buch-Tipp:
Wenn du jetzt eine Idee davon bekommen hast, wie du vielleicht deinen Eltern helfen kannst, deren Gerümpelvolumen zu verringern, dann kann ich dir wärmstens dieses Buch hier ans Herz legen, denn Frau Magnusson hat das Deathcleaning erfunden.
Und genauso gut hilft auch dir dieses Buch, deinen Ballast abzuwerfen.
Fazit
Wenn ich irgendwas auf meinen Reisen gelernt habe ist es es dies, dass alles was ich brauche, in einen Koffer passt. Das einzige Materielle was ein Mensch wirklich braucht, ist ein Dach über den Kopf, Essen und ein paar Klamotten. Diese Güter gewährleistet gerne weltweit ein digitaler Job und die Visa-Karte.
Wenn man sich dann auch noch, so wie ich, mit sich selbst unendlich beschäftigen kann, liegt es im Rahmen des Möglichen ohne weiteres der glücklichste Mensch der Welt zu werden. Und denke stets daran:
Wenn dir dieser oder andere Texte gefallen haben und du an einer Zusammenarbeit in Form eines Gastartikels oder als Gast bei deinem Podcast interessiert bist, schicke mir einfach eine eine eMail an dana@danaheidrich.com. Ich freu mich!