Eigentlich hätte ich heute einen Frühstücksauftrag gehabt, aber glücklicherweise hat der Kunde diesen abgesagt. Also trödele ich zuhause herum. Fahre dann irgendwann in die Metro einkaufen und bereite alles für die BMG zu – Quiche mit Ziegenkäse und Quinoasalat.

Alles ist ruhig in Weißensee, es fühlt sich an wie Sonntag. Ich fahre heute leicht zu spät, das heißt, kurz vor 15:00 Uhr zum Ausliefern los.

Während ich mich dem Alexanderplatz nähere, sehe ich schon, wie sich Autos vor der Mollstraße drängen. Und dann sehe ich es: die Weiterfahrt ist wegen dem heute stattfindenden Marathon gesperrt. Es geht nur noch nach links oder rechts.

Das kommt davon, wenn man alle Nachrichten konsequent ignoriert!  (Ein Schutzmechanismus, seitdem ich die Nachrichten ignoriere, brauche ich mich nur über unser eigenes Schicksal aufzuregen, und das hat ja schon ausreichend Dreck zu bieten).

Berlin-Marathon

Nun sehe ich, das ist zumindest diesbezüglich dumm, denn ich muss mitten hinein, in das Herz von Berlin. Normalerweise lassen sie immer den Tunnel am Alexanderplatz offen, damit man in die Stadt hineinkommt.

Ok, Shit! Normalerweise, wenn wir zu zweit unterwegs sind, fährt der eine und der andere checkt die Alternativrouten auf Googlemaps. Das muss ich jetzt allein machen. Ich fahre also nach rechts Richtung Torstraße, Stau. Direkt hinter der Kreuzung. Ok, umfahren wir das, denn wenn sowas passiert, muss man das Epizentrum weiträumig umfahren. Also nochmal nach rechts, die Prenzlauer Allee hoch, auf der Danziger nach links, bis zum Hauptbahnhof. Ich muss irgendwie zum Potsdamer Platz, und der Tiergartentunnel ist die letzte Möglichkeit, denn der führt direkt ins Herz von Berlin. Das letzte Nadelöhr.

Endlich komme ich am Tiergartentunnel am Hauptbahnhof an. Ich stehe schon in der Linksabbiegerspur und just in diesem Moment ändern sich die Links-in-den-Tiergartentunnel-abbiegen-Schilder hin zu Gesperrt-Schildern. Polizei steht vor den Tunneln und blockiert diese. Offensichtlich sind zu viele Autos im Tunnel, so dass sicherheitshalber der Tunnel geschlossen wird.

Sofort entsteht Panik und Chaos. Alles hupt und drängt. Was jetzt? Alternativroute? Nervös tippe ich auf dem Handy herum. Ich finde eine Alternativroute, die dauert jedoch weitere 40 Minuten. Es ist jetzt schon kurz vor 16:00 Uhr. Normalerweise bin ich jetzt spätestens am Potsdamer Platz. Als Pünktlichkeitsfanatiker und Perfektionist wird mir heiß.

Ich rufe bei der BlueManGroup an und gebe Bescheid, dass sich die Anlieferung um weiter 40 Minuten verzögern wird. Ich schäle mich aus der Linksabbiegerschlange in die Geradeausschlange um mich der Alternativroute zu nähern. Die angegebenen 40 Minuten bleiben eine halbe Stunde lang 40 Minuten.

Endlich komme ich in Charlottenburg an und müsste nun irgendwie die Marathonstrecke queren. In einem endlosen Gewirr von Einbahnstraßen nähere ich mich der ominösen Querung. Um dann dort festzustellen, das es eine ist Fußgängerquerung ist!!! Geht also natürlich nicht für mich als Autofahrer. Danke Google! Gleich platzt mir der Arsch!

Ich werde kurz hysterisch und fahre an die Seite ran. Ich denke darüber nach alles hinzuwerfen und nach Hause zu fahren. Aber Zuhause ist auch da drin, im Auge des Sturms, im Zentrum Berlins. Eingekesselt durch marodierende Skater und Rollstuhlfahrer (der eigentliche Marathon ist erst morgen).

Ich rufe also Steffen an, ob er zuhause online schauen kann, ob es irgendwo noch ein Schlupfloch gibt. Derweil atme ich tief durch und gehe in mich.

Ich habe das Essen gekauft, ich habe das Essen zubereitet, also werde ich das Essen auch ausliefern!

Ich scheiß auf Google und helfe mir, wie immer, selbst. So scanne ich die Marathonstrecke noch mal genau ab, sehe dabei, dass es die Route über die Stadtautobahn verläuft, also eine Zunge des Marathons darüber lappt. Das bedeutet, wenn ich es auf die Autobahn schaffe – auf der natürlich alles rot ist – fetter Stau – und dann genau in dieser ominösen Zunge abfahre, bin ich drin, im Auge des Sturms, im inner marathon circle.

Mit tiefer Wut und Entschlossenheit starte ich das Auto. Nach 2 Stunden bin ich endlich am Potsdamer Platz angekommen. Ich entschuldige mich vielmals. Die Jungs sind total lieb und über das Essen begeistert.

Sachsen

Und als würde das nicht schon an Stress ausreichen, müssen wir jetzt noch weiter. Also geht es fix nach Hause, jetzt bin ich ja schon im Kern, Koffer werden gepackt und dann geht es ab nach Dresden. Wegen Familienbesuch und Geburtstagsfeier.

Und wie es der Teufel will, sind plötzlich alle Straßen wieder frei, der Spuk ist vorbei und wir kommen ohne Probleme auf die Autobahn.

Irgendwann gegen 19:30 Uhr kommen wir endlich bei Steffens Bruder an und alle sehen Steffen seit Beginn der Chemotherapie das erste Mal. Große Freude, Staunen und Gucken. Steffen und ich trinken keinen Alkohol. Das war bei Steffen klar, bei mir war es jedoch nicht so klar. Aber ich will Steffen seelisch und moralisch unterstützen, und gemeinsam schafft man alles eh besser. Sehr gut.

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