Frühs geht’s für Steffen nüchtern zum PET Scan. PET bedeutet Positronen-Emissions-Tomographie. Nüchtern bedeutet: nichts gegessen.
Wir fahren direkt nach Steglitz und finden uns in der relevanten Abteilung im Krankenhaus ein. Es ist schön klimatisiert, es ist zwar erst morgens halb acht, aber draußen es ist schon unerträglich warm.
Von der Krankenschwester bekommen wir als Privatpatienten neben den Anamneseunterlagen einen Wulst von Papieren für die Kostenübernahme usw. usf. Ein Vermerk auf diesen Massen von Unterlagen für Privatpatienten macht uns stutzig. Kleingedruckt steht da irgendwo: „wenn es die Kasse nicht übernimmt, müssen wir es selbst zahlen“. Die Rede ist hier von ca. 2.600 EUR. Mir wird mal wieder sehr, sehr schlecht, da ich die Finanzen verwalte.
Steffen wird emotional und weint, und fragt mich unter Tränen: „Soll ich lieber sterben?“
Wieder ein klassischer Krankenhaus-Überschnappmechanismus. Ich versuche meinen Zweckoptimismus zu aktivieren und quetsche nur ein „nun, was nachher passiert, ist nachher, Hauptsache Du wirst wieder heil“ heraus. Täglich verabschiede ich mich immer mehr von der Idee, trotz größter Anstrengungen jemals Geld zu besitzen. Immer kommt das Schicksal oder das Finanzamt dazwischen.
Nachdem wir die Unterlagen ausgefüllt haben, sitzen wir und warten darauf, dass Steffen die Injektion des Radiopharmakons bekommt. Er fragt die Schwester, wie lang eigentlich so ein Scan dauert und sie meint, man könne schon mit 3 Stunden rechnen. Ich überlege, ob ich da bleibe und auf Steffen warte oder nach Hause fahre. Für das Bleiben spricht die Klimatisierung der Räume, aber nach dreiwöchiger Arbeitsabstinenz habe ich Hummeln, ich muss endlich was tun. Geld verdienen. Da uns das Geld ja quasi durch die Finger rinnt.
Ich verabschiede mich von Steffen und verlasse das Krankenhaus. Am Ausgang ist eine große Tafel mit Stellenanzeigen. Eine Teamassistentin für Logistik wird gesucht. Ja, das kann ich, denke ich mir, während ich das Gebäude verlasse und stelle mir so ein Angestelltendasein mit geregelten Arbeitszeiten, geregeltem Geldeingang, freien Wochenenden und gesetzlicher Krankenversicherung vor. Ich steige in das Auto und denke über weitere Alternativen nach. Ein Blog. Ein Blog wäre gut. Ich muss das hier alles erzählen. Vielleicht hilft es anderen in dieser Situation. Also fahre ich nach Hause und starte diesen Blog, in der Hoffnung, etwas Geld dazu zu verdienen.
Gegen 10:00 Uhr fährt dann auch Steffen mit zwei dicken Verbänden in den Armbeugen nach dem PET-Scan direkt mit dem Bus zu sich nach Hause. Den zweiten dicken Verband hat er deshalb, da beim ersten Einführen der Injektionsnadel der Arzt die Nadel in Steffens Arm komplett verbogen hatte und es eben noch mal neu machen musste.
Das Ergebnis des Scans gibt es erst am Folgetag. Mittwoch hat Steffen seinen nächsten Termin beim Onkologen, wo dann alles ausgewertet wird.