Muttertag ohne Mutter
Nächste Woche ist es wieder so weit. Am Sonntag wird, wie an jedem zweiten Sonntag im Monat Mai Muttertag gefeiert. Was bedeutet eigentlich dieser Feiertag für diejenigen, die diesen Tag nicht feiern können? Und warum ist für mich der Frauentag der bessere Feiertag?
Muttertag ohne Mutter
Wie ihr schon längst wisst, ist meine Mama bereits vor 10 Jahren gestorben. Nach 13 Jahren Pflege nach einem Hirnschlag. Um exakt zu sein, ist meine Mutter für mich zweimal gestorben: einmal mit 49, als sie den Hirnschlag hatte, da in diesem Alter ihr Leben für sie aufhörte, wie sie es kannte.
Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade mal 21, meiner ekligen Pubertät entwachsen und hatte meine Mutter als meine beste Freundin ins Herz geschlossen. Wir hatten eine Basis gefunden, die ich ein paar Jahre eher nicht für möglich gehalten hätte. Und dann kam dieser Tag im September. Dieser eine Anruf von Papa, welchem unzählige Wochen zwischen furchtbarstem Schmerz, als wir Mama im wochenlangen Koma beobachteten und gleichzeitig auch ständig aufkeimender Hoffnung, als sie das erste Mal auf direkte Ansprache reagierte.
Dennoch war ich faktisch mit 21 ohne Mutter mehr, was mich und meine Mama schier zerriss.
Ein zweites Mal starb dann meine Mama mit 62 Jahren, nachdem sie 13 Jahre ein leider hoffnungsloser Pflegefall war. Wir gaben zwar die Hoffnung nicht auf, aber es brauchte weitere Jahre um zu realisieren, dass es keine Hoffnung gab. Mit ihrem Tod war ich regelrecht erleichtert.
Für keinen der Beteiligten war es mehr auszuhalten, das Leid anzusehen. Zunächst das Leid meines Papas, der meine Mama bis zur absoluten Erschöpfung 13 Jahre lang pflegte und gleichzeitig das Leid meiner Mutter, die nie ein Pflegefall und abhängig werden wollte.
13 Jahre Schmerz und keine Fluchtmöglichkeit. Empathie ist ein riesiges Arschloch.
Selbst heute verspüre ich noch großen Neid, wenn gleichaltrige Frauen mit ihren Müttern ein freundschaftliches Verhältnis pflegen, über den Markt schlendern und all ihre Sorgen besprechen können.
hört euch hier den gesamten Blogeintrag ohne ihn lesen zu müssen, an:
Muttertag ohne Mutter
Links seht ihr meine Mama und mich auf dem letzten gemeinsamen Bild, nur zwei Wochen vor ihrem Hirnschlag.
Es war der letzte Urlaub zusammen mit meinen Eltern 1998 in den Beskiden in der Slowakei.
Geschichte des Muttertags
Der Muttertag wurde genauso wie der Valentinstag von Blumenhändlern ins Leben gerufen. Um das Kraut richtig fett zu machen, übernahmen die Nationalsozialisten ab 1933 den Feiertag:
„Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Feier des Muttertags mit der Idee der „germanischen Herrenrasse“ verknüpft. Besonders kinderreiche Mütter wurden als Heldinnen des Volkes zelebriert, da sie den „arischen Nachwuchs“ fördern sollten. 1933 wurde der Muttertag zum öffentlichen Feiertag erklärt und erstmals am 3. Maisonntag 1934 als „Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter“ mit der Einführung des Reichsmütterdienstes in der Reichsfrauenführung begangen. Die religiös anmutenden Feierlichkeiten („Mütterweihen“) wurden in Konkurrenz zu christlichen Feiern auf sonntags um 10 Uhr angesetzt. 1938 wurde zusätzlich das Ehrenkreuz der Deutschen Mutter eingeführt,[10] das am Muttertag am 21. Mai 1939 erstmals verliehen wurde“
(Quelle Wikipedia)
Es gibt keinen Grund für mich, Muttertag zu feiern
Meine Mutter wollte wiederum nie Muttertag feiern. Muttertag gab es so nicht in der DDR, da es ein kapitalistischer Feiertag war. Als nach der Wende die erste Muttertagsblumenstraußwerbung in den Briefkasten trudelte, waren Mama und ich höchst irritiert.
Meine Mama hat mich immer dahingehend erzogen, dass ich als Mädchen alle Rechte und Freiheiten habe. Ob „ja“ zu Kindern oder „nein“ zu Kindern – mein Körper, meine Wahl. Und ich wollte nie Kinder. Ich fühle mich unwohl in der Nähe von Kindern. Übrigens, wäre ich ein Mann, wäre diese Äußerung absolut legitim…
Ich muss dieses Thema nicht auch noch in meinem Leben haben und ich bin unendlich froh, in einer Zeit wie dieser zu leben, in der man nicht mehr gezwungen wird, Kinder zu bekommen, weil die Gesellschaft es so will – obwohl diese Gedankenströme immer noch vorhanden sind.
Zugegeben, es ist schwer für mich, so offen darüber zu schreiben, aber ich finde jedoch auch, es wird langsam Zeit.
Kinder bekommen ist für mich keine Leistung, sondern es zu unterbinden und dennoch Spaß zu haben. Die Welt ist schon überbevölkert. Der größte ökologische Beitrag in dieser Welt wäre es tatsächlich, keine Kinder zu bekommen #birthstrike und wenn man unbedingt Kinder will, kann man ja welche adoptieren.
Ich weiß, ein Großteil wird jetzt aufschreien. Aber vergesst nicht, mein Blog, meine Meinung!
Zu oft musste ich mir in meinem Leben schon Dinge von diesem Großteil anhören, die mich verletzten und jedes Mal musste ich bitter herunterschlucken, was ich eigentlich darauf antworten wollte, wie zum Beispiel:
- „wer denkt denn an die Kinder!“ – das Totschlagargument überhaupt
- „und was machst du dann im Alter, wer wird sich dann um dich kümmern?“ – wie pervers ist es eigentlich, nur Kinder zu bekommen, damit sie einem den Arsch abwischen, weil man das als Eltern ja auch gemacht hat? Hatte das Kind denn die Wahl?
- „hätten deine Eltern auch so gedacht, wie du“ – ja und dann? Wäre ich nicht hier und wüsste es nicht und ziemlich viel Leid wäre mir erspart geblieben
- „warte nur, bis es bei dir so weit ist und du auch eigene Kinder hast“ – nein, ich kann verhüten
- „bekomme erst einmal selbst Kinder, dann kannst du mitreden“ – will ich aber nicht
- „die wahre Liebe kannst du nur mit Kindern erfahren“ – ihr armen Würste, dass ihr so beschissene Beziehungen habt
- „der schlimmste Schmerz ist es, ein Kind zu verlieren“ – es gibt keinen „schlimmeren“ Schmerz als den anderen in der Trauer, du emotionaler Pudding
Frauentag statt Muttertag
Wir feiern in unserer Familie, wenn dann nur den Frauentag, da alle Frauen wertvoll sind. Egal ob mit Kindern oder ohne Kindern, allein oder mit Familie. Und natürlich Kindertag, wir Geschwister sind ja schließlich auch Kinder und meine Nichten und Neffen auch. Und sogar Männertag, für meine Brüder und Papa.
Meine Mama in meinem jetzigen Alter:
Holla die Waldfee.
Diese Kommentare in Punkto Kinder kenn ich.
Ich habe mich bewusst gegen Kinder entschieden, weil der Gedanke an einen rosa Elefanten im Wohnzimmer mir natürlicher erschien als meine Spezies, die es so ziemlich verkackt hat, zu reproduzieren. Gerne dürfen andere ihr biologisches Programm abspulen, ich verbitte mir allerdings die Nummer „Meine Kinder zahlen mal deine Rente“. Bevor es so weit kommt, muss erst mal die Sache mit der Erziehung klappen und von meinen Steuern müssen Windeln subventioniert, Kitas, Schulen und Unis gebaut, Lehrkräfte bezahlt und die Jugendhilfe mit vielen, gut ausgebildeten Sozialarbeitern ausgestattet werden. Also immer schön die Füße stillhalten und nachrechnen. Da muss der Nachwuchs schon ein Einser-Abitur hingelegt und schön fleißig sein, damit das klappt mit der Rente. Ansonsten wird’s ein sauberes Draufzahlgeschäft für mich.
so wahr. Danke Dir, liebe Sonja und schön, dass wir uns gefunden haben